Anfang des Jahres 2017 ist die Entscheidung gefallen: Ich wähle den zumindest temporären Ausstieg vom Job! Die eine, aber wesentliche Auswirkung meines Ausstiegs zum 30.06.2017 aus meinem aktuellen Projekt lässt sich einfach zusammenfassen.
Zeit zum Quer- und Nachdenken, Zeit zum Beobachten und Ändern!
Ich habe mich ziemlich spontan und schnell entschieden, dass ich erst mal keine weitere Beschäftigung suche, die dem klassischen Schema entspricht, dem mein Job die letzten 23 Jahre gefolgt ist. Die natürliche Konsequenz daraus war, dass ich Zeit hatte. Einfach nur Zeit! Und was geschieht, wenn man Zeit hat? Man kann plötzlich wieder frei denken und handeln. Das Hamsterrad ist weit weg, man muss nicht mehr nur funktionieren den ganzen Tag über, man kann einfach „machen“. Gerade die Gedanken und Ideen genießen diesen Freiraum sehr.
Dass das so ist, merkt man aber erst, wenn man die Chance hat es zu merken. Ich konnte es selbst kaum glauben, aber man erkennt das alles nicht, solange man in der Mühle drinsteckt. Man denkt, dass alles in Ordnung ist, dass alles so sein soll. Erst wenn man einen Schritt zur Seite macht, einmal „stehen bleibt“, dann merkt man erst, mit welch wahnsinnigem Tempo man tagtäglich unterwegs ist und vor allem: Was man alles verpasst, weil man nicht rechts und nicht links schauen kann.
Ich kannte ein solches Gefühl nicht, ich war auch am Anfang eher verwirrt darüber, wie sich das anfühlt. Irgendwie so ohne Struktur und Vorgaben, ohne einen minutiös getakteten Zeitplan, spontan hatte ich immer wieder den Eindruck, dass das so nicht in Ordnung sein kann. Ich musste diese Freiheit erst wieder lernen und akzeptieren, um sie dann auch für mich nutzen zu können. Aber ich kann Euch sagen, es wird und es wird immer besser.
Ein entscheidender Unterschied zur Zeit vor meinem Ausstieg ist, dass ich jetzt auch Zeit hatte, mein Umfeld besser und intensiver wahrzunehmen – eben weil man Zeit dazu hat. Ist Euch mal aufgefallen, dass wir heute draußen auf der Straße echt komisch miteinander umgehen? Mir ist es nicht aufgefallen, solange ich im Hamsterrad gestrampelt habe. Die Leute waren mir eh immer nur „im Weg“ und ich hatte es schließlich eilig. Jetzt, da ich es nicht mehr eilig habe, fällt mir auf, dass niemand mehr freundlich oder gut gelaunt ist.
Wann hat euch das letzte Mal jemand die Tür aufgehalten, auch wenn er dadurch selbst warten musste? Wann hat Euch jemand man freundlich guten Tag gesagt, wenn Ihr in einen Aufzug am Arbeitsplatz einsteigt?
Und als Antwort meine ich nicht das allgemein gebrummelte „tag“ in den nicht vorhandenen Bart, während man ohne hochzusehen mit seinem Smartphone beschäftigt ist. Und diese Liste lässt sich beliebig fortsetzen, auch im familiären Umfeld hat der Mangel an Muße und Zeit Auswirkungen. Also mir fällt dieser Umstand immer häufiger auf – jetzt, wo ich Zeit habe. Und das schlimmste ist: Ich war anscheinend genauso, zumindest in Teilen. Das ist schade.
Kinder! Ja, die lieben Kinder. Sind wirklich eine tolle Bereicherung! Aber habt Ihr genug Zeit, um in Ruhe zuzusehen, wie das Schneiden eines Apfels 5 Minuten dauert und danach die halbe Küche geputzt werden muss? Ich hatte Sie nicht und bereue es heute deutlich! Diesem Theme werde ich eine eigene Kategorie widmen, denn auch hier hat mir die Verfügbarkeit von Zeit die Augen geöffnet. Wir sind wirklich wahnsinnig, wie wir unsere Kinder heute erziehen! Aber dazu mehr an anderer Stelle…
Bitte nicht falsch verstehen: es geht nicht um Faulenzen und Rumhängen. Meine Tage sind auch in der Regel vollgepackt mit Aufgaben. Die Frage ist nur, ob man selbst treibt oder nur Getriebener ist, der von außen gesteuert wird. Am Ende war es auch diese für mich sehr neue Erkenntnis, die mich dazu getrieben hat, hier meinen Blog, der seit Jahren vor sich hinvegetierte, wieder zu reanimieren. Ich wollte gerne dazu etwas loswerden.